Geschichte der Waldhörner in Kurzfassung
Wir wissen nicht, wann und wo die ersten, kreisrund gebogenen Hörner gebaut und geblasen wurden. Man datiert ihre Entstehung mit ziemlicher Sicherheit bereits in das 13. Jahrhundert. Zahlreiche Gemälde beweisen aber, dass zwischen 1650 und 1700 das Jagdhorn (trompe de chasse, cor de chasse, corno da caccia), ein dem heutigen Parforcehorn ähnliches Instrument, in Frankreich in Mode war. Auch in anderen europäischen Ländern war dieses, zunächst für die fürstlichen Jagden bestimmte Instrument bekannt und fand dort alsbald auch Verwendung in den höfischen Capellen. Wir kennen das Corno da caccia in den festlichen Musiken des Hoch- und Spätbarock wie z B. J. S. Bach, Brandenburgisches Konzert Nr. 1 oder G. F. Händel, Feuerwerks- und Wassermusik.
Als sich zu Ende des Barock die "Gleichschwebende Temperatur" (= die Teilung der Oktave in 12 Halbtöne) in der europäischen Musik allgemein durchsetzte, standen die Instrumentenmacher, die Trompeter und Hornisten vor dem Problem, ihre, in der Naturtonreihe überblasenden Instrumente dieser neuen Stimmung anzupassen. Man fand etwa ab 1700 eine Lösung mit diversen, auswechselbaren Inventionsbögen (= Einsteckbögen). Über ein Jahrhundert lang musste man sich mit den sehr eng gebauten Naturhörnern hohen Anforderungen stellen. Um verschiedene Tonarten spielen zu können und die Intonation zu verbessern, benötigte man acht oder auch noch mehr zusätzliche Einsteckbögen und fand eine Möglichkeit des Tonausgleichs durch Einführen der Hand in den Schallbecher (= stopfen). Mit dem Ausgang des Barock wurde Wien das wohl wichtigste Zentrum der Europäischen Musik. Wien ist, wie der Begriff deutlich macht, die Geburtsstadt der "Wiener Klassik." Das Neue, das Besondere dieser höchst bedeutenden Komponisten wie Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven u. a. war nicht zuletzt auch die Verwendung und geniale Einbeziehung der Blasinstrumente und damit der Hörner in das Höfische Orchester und somit letztlich in das Sinfonieorchester.
Dem bläserischen Können und der Musikalität des exzellenten Hornisten des Orchesters von Fürst Esterházy, Carl Franz (1738 - 1802) verdanken wir beispielsweise auch das erste bedeutende Horn-Konzert, immerhin aus der Feder des damals berühmtesten Komponisten der Welt, Joseph Haydn. Mozart widmete seine vier Hornkonzerte seinem Freund Leutgeb. Sie beweisen die hohe Kunst des damaligen Hornblasens mit Inventionshörnern, auch wenn sich Mozart in seinem berühmten Dorfmusikanten-Sextett, von ihm "Ein musikalischer Spaß" betitelt, über die Hornisten etwas lustig macht. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts wird das Horn und damit die meisten anderen Metallblasinstrumente entscheidend verbessert.
Die sogenannten Dreh- oder Zylinderventile, die heute bevorzugt als Maschinen ( = gesamter Ventilmechanismus) bei Hörnern zu finden sind, sollen allerdings 1832 von einem Josef Riedl erfunden worden sein. Ziemlich gleichzeitig arbeitete E. Francois Périnet (1839) an der Weiterentwicklung und an erheblichen Verbesserungen der Erfindung Stoelzels, den Pump- oder Périnet-Ventilen. Anstrengungen für die Weiterentwicklung und das Erreichen zahlreicher Verbesserungen kennzeichnen die Zeit von Beethoven bis zu den Spätromantikern. Wagners Bühnenwerke und die gewaltigen Anforderungen der Sinfoniker Brahms und Bruckner bestätigen deutlich die dazu nötigen Verbesserungen.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts baute E. Kruspe in Erfurt das erste Doppelhorn und legte damit den Typ fest, der heute allgemein bzw. meistens in den Orchestern gespielt wird.
Familie der Hörner
Instrument | Tonumfang | erklingt eine... |
Hoch-B-Horn | ab e | kleine Septe höher als notiert |
Hoch-F-Horn | ab B | Quarte höher als notiert |
Horn in B | ab E | Ganzton tiefer als notiert |
Horn in B mit Stopfventil | ab Es | Ganzton tiefer als notiert |
Horn in F | ab H1 | Quinte tiefer als notiert |
Horn in F mit Stopfventil | ab B1 | Quinte tiefer als notiert |
Doppelhorn in B/F | ab H1 | |
Tripelhorn in Hoch-F/B/F | ab H1 | |
Horn in Es | ab As1 | große Sexte tiefer als notiert |
Wagnertuba in B | ab E | große Sekunde tiefer als notiert |
Wagnertuba in F | ab H1 | Quinte tiefer als notiert |
Die Wagner-Tuben wurden bewusst hier aufgenommen, da sie nicht von Tubisten, sondern von Hornisten geblasen werden.
Hörner werden im Violinschlüssel und bei besonders tiefen Partien im Bassschlüssel notiert. Die Wagnertuben werden im Bassschlüssel und Violinschlüssel notiert.
Bauweisen und Bestandteile der Hörner (Waldhörner)
F- und B-Horn sind optisch am leichtesten zu unterscheiden durch den Bogen des Halbton-Ventils (2. Ventil). Beim F-Horn ist der Bogen insgesamt etwa 10 cm lang, beim B-Horn dagegen nur 6 - 7 cm.
Mundstück:
das man in verschiedensten Ausführungen (schmaler oder breiter Rand, flacher oder tiefer Trichter, enge oder weite Bohrung) den Lippen bzw. den Klangwünschen des Bläsers entsprechend aussuchen kann.
Ventile:
Bei Hörnern wird weltweit die Verwendung von Drehventilen bevorzugt, auch wenn gelegentlich Hörner mit Pumpventilen existieren. Eine Ausnahme bilden die sogenannten Wiener Hörner, die mit Stechbüchsenventilen (auch Wiener Schubventile genannt) ausgestattet sind.
Umschaltventil und Stopfventil:
Wie der Name sagt, wird das Umschaltventil beim Doppelhorn eingesetzt, um zum Beispiel vom B-Horn auf das F-Horn umzuschalten. Die Einstellung des Ventils: B = Grundstellung, F = Umstellung ist die gebräuchlichste. Ein kleiner Umbau ermöglicht aber auch die Einstellung: F = Grundstellung, B = Umstellung.
Durch das "Stopfen" (Hand in das Schallstück) erhöht sich der Ton um ca. 1/2 Ton. Mit dem Zuschalten des Stopfventils erspart man sich das Transponieren. Das Ventil gleicht die Verkürzung durch die Hand wieder aus. Wird das Stopfventil ohne Hand geschaltet, transponiert das Horn von B- nach A.
Schallstück:
auch Schalltrichter, Schallbecher, Trichter oder Stürze genannt, feststehend oder abschraubbar
Ein feststehender Schalltrichter bietet optimale Klangqualität und wird deshalb von Solisten bevorzugt. Der abschraubbare Trichter wird dagegen wegen der bequemeren Transportmöglichkeit gebaut. Schallstückkränze aus Neusilber dienen der Verstärkung und Stabilisierung des Bechers und wirken schwingungsdämpfend.
Das Wiener Horn
Eine höchst interessante Alternative oder ein nicht weiter nennenswertes Unikum? Das "Überleben" des Wiener Horns bzw. die Rettung dieses sonst in aller Welt eher ungebräuchlichen Waldhorns haben wir einem der berühmtesten und klangschönsten Orchester der Welt, den Wiener Philharmonikern zu verdanken. Deren Bläser, deren Dirigenten, haben gute Gründe, sich nach wie vor nicht von dieser besonderen Bauart, der damit verbundenen Spieltechnik und dem daraus resultierenden, besonderen Klang zu verabschieden.
Die für die Wiener Hörner typischen Wiener Stechbüchsenventile (auch Wiener Schubventile) sind sozusagen eine veraltete Bauweise, aus heutiger Sicht eigentlich eine "Fehlkonstruktion". Diese Ventile funktionieren nur dann einwandfrei, wenn deren Ventilkolben nicht ganz exakt und damit dicht gebaut sind, so wie das heute durchaus möglich wäre und eigentlich ansonsten Qualitätsstandard ist. Würde man sie so dicht bauen, wie das bei den anderen Ventilarten (Dreh- und Pumpventile) absolute Priorität hat, so würde konstruktions bedingt bei den Stechbüchsenventilen ein unerwünschtes Vakuum entstehen, und die Ventile würden nicht schnell genug in die Ausgangslage zurückkehren. Mit dieser "Undichte" nähme der Bläser also notgedrungen einen Ansprache-Qualitätsverlust in Kauf. Weiterer Nachteil ist das das konstruktionsbedingte, verhältnismäßig laute Geräusch dieser Ventile. Allerdings wurde die Problematik eines entstehenden Vakuums bei hochpräzisen und absolut dichten Ventilen in neuerer Zeit zufriedenstellend gelöst. Es wird auch ergänzend noch darauf hingewiesen, dass ein Legatospiel mit den Wiener Stechbüchsenventilen letztlich besser, musikalischer ausgeführt werden kann, als dies bei den heute modernen Drehventilen möglich ist. Beim Wiener Horn handelt es sich um ein reines F-Horn. Der durchwegs konische Verlauf des gesamten Rohres erfordert bei der Herstellung weniger Lötstellen und ermöglicht damit letztlich ein freieres Schwingen des Korpus. Es hat insgesamt eine engere Mensur als andere Hörner. Das Wiener Horn wird nur als Single-Horn (= Einfachhorn) gebaut, weshalb nicht, wie bei den sonst üblichen Doppel- und Tripelhörnern, zwei bzw. drei Reihen von Zügen übereinander liegen. Die Luftsäule wird nicht so oft "gebrochen". Der Ton wird mehr nach vorne abgestrahlt.
Messungen und akustische Vergleiche haben ergeben, dass es klangvoller (größerer Obertonreichtum!) und modulationsfähiger ist als die weltweit üblichen Hörner.
Wie entsteht der Ton bei Hörnern (Waldhörnern)?
Die Tonerzeugung ist grundsätzlich bei allen Metallblasinstrumenten ähnlich, weshalb auf: Wie entsteht der Ton bei Trompeten? verwiesen wird.
F-Horn – B-Horn oder Doppelhorn?
Welches Horn sollte heutzutage für Anfänger empfohlen werden? Das am universellsten einsetzbare Horn ist das normale F-Horn. Es klingt am freiesten, am obertonreichsten, am horntypischsten. Im Orchester zeigt die Praxis aber, dass eindeutig mehr auf dem B-Horn geblasen wird. Die Grundstimmung B ist einfacher zu blasen als das F-Horn.
Was versteht man unter einem Doppelhorn?
Es sind zwei Hörner zu einem Instrument vereint. Man könnte es vergleichen mit einem Haus, das zwei Wohnungen hat: Im Parterre wohnt das tiefere F-Horn, im ersten Stock das eine Quart höhere B-Horn. Hintergrund dieser doppelten Maschine ist folgender: Horn gut und sicher zu spielen ist ziemlich schwer! Das liegt an der geschichtsträchtigen Bauart, also an dem langen, engen Rohr. Dieses bewirkt einerseits einen willkommenen, besonders großen Tonumfang, andererseits werden die vielen anblasbaren Naturtöne in der hohen Lage zu einem Sicherheitsrisiko. Sie bilden, sehr nahe beisammenliegend, ganze Trauben von Naturtönen. Damit wird es natürlich schwer und erfordert sehr viel Übung oder Glückssache, in dieser Traube im richtigen Moment den gewünschten Ton zu treffen. Das Doppelhorn schafft diesbezüglich etwas Erleichterung. Der Bläser weiß, welche Töne beispielsweise auf dem F-Horn (z. B. das g ) schwer zu treffen sind, auf dem B-Horn dagegen leichter (in anderen Fällen umgekehrt!). Er drückt in diesem Fall das Umschaltventil und bläst diesen Ton auf dem B-Horn bzw. F-Horn.
Was ist ein Tripelhorn?
Das Tripelhorn steht in Hoch-F/B/F. Grundsätzlich sind mit diesen drei Hörnern in einem weitere Erleichterungen, besonders beim Spiel in der hohen Lage gegeben. Der Klang der Hoch-F-Einstellung ist nicht so voll, so rund als wenn die Partie auf dem B- oder sogar F-Horn geblasen wird. So viel Maschine, so viele Rohre und Züge wirken sich zusätzlich etwas negativ auf die freie Ansprache und damit auf die Tonqualität und -flexibilität aus. Die meisten Horn-Solisten bevorzugen trotz der Erleichterungen das Doppelhorn oder blasen meistens alles auf dem F-Horn.
Besonderheiten bzw. Qualitätsmerkmale
Eine abschraubbare Stürze (= Trichter bzw. Schallbecher) ist kein Qualitätsmerkmal, sondern dient zum einfacheren und Platz sparenderen Transport. Eine Klang- und Tonqualitätsminderung ist dadurch nur in geringem Maße zu befürchten. Ein Schallbecherkranz aus Neusilber erhöht die Stabilisierung sowohl des Bechers als auch des Klanges besonders dann, wenn das Blech ziemlich dünn gehämmert ist. Instrumente mit Schallbecherkranz schmettern später, d. h. sie neigen nicht so früh zu diesem, manchmal aber durchaus gewollten Klangeffekt (gelegentliche Spielanweisung von Komponisten: cuivré = schmettern). Die Beschreibung unlackiert - lackiert - versilbert kann nicht als Qualitätsmerkmal verstanden werden. Unlackierte bzw. unversilberte Instrumente werden bevorzugt von Bläsern, die einen nachträglichen Sonderwunsch am Korpus des Horns erwägen. Eine fachgerechte, solide Lackierung bzw. Versilberung mindert die Klangqualität des Instrumentes nicht.
Bekannte Waldhorn-Hersteller
Es handelt sich bei dieser Liste um Hersteller, die besonders für die Herstellung von Hörnern (Waldhörnern) spezialisiert sind.
*Alexander | *Dieter Otto | Paxmann | *Engelbert Schmid |
Holton | Selmer USA | Hans Hoyer | Yamaha |
Conn | Jupiter |
Die mit * gekennzeichneten Hersteller sind kleine Horn-Manufakturen, die ihre Instrumente nur per Direktvertrieb verkaufen.
Alles, was man über das Horn wissen sollte - ausführlich für den Laien erklärt
Sehr geehrtes Musikhaus Reiser Team,
ich habe am 07.02.2020 ohne jegliche musikalischen Kenntnisse angefangen, Waldhorn in B zu spielen. Dafür habe ich mir ein einfaches Waldhorn gemietet. Ich übe täglich ca 45min und meine Horn Lehrerin meinte, ich solle mich mal nach einem besseren Horn, bspw. nach einem Doppelhorn Hoyer 801 umschauen. Nachdem ich nun ein Hoyer 801A-L, ein Hoyer 6801A-L, ein Hoyer 6801GA-L und ein Hoyer G10 getestet habe, wurde ich bei weiterer Recherche dann auf Ihrer Seite bezüglich generelles Wissen zum Thema Waldhorn fündig.
Hierfür möchte ich mich recht herzlich bei Ihnen bedanken. Die Informationen, die ich dort mitgenommen habe, haben mir gezeigt, dass ich mit meiner Horn Auswahl noch nicht fertig bin, sondern weiter suchen darf. Speziell die Erklärung zum Wienerhorn - das beste Symphonie-Orchester der Welt, die Wiener Symphoniker, spielen auf Grund des besseren Tonumfangs noch immer das Wienerhorn - hat mich bei meiner Entscheidung, ein Horn zu kaufen, innehalten lassen.
Ihre Auflistung der Hornhersteller und Manufakturen ist ebenfalls begrüßenswert. So habe ich den Namen "Engelbert Schmidt" das erste Mal gelesen und habe gleich mal dort weiter recherchiert.
Ich glaube, da kann ich noch einige Zeit mit Recherche verbringen, doch ohne ein Probespiel wird das alles nichts.
Die Lektüre Ihres Artikels war auf jeden Fall sehr lehrreich und hat mich darin bestätigt, doch noch mal andere Hörner auszuprobieren.
Das Hoyer G10 ist auf jeden Fall bisher mein Favorit.
Was mir nun auch noch fehlt, wäre ein Übungsspiel mit dem G10 und verschiedenen Mundstücken, um auch die Auswirkungen des Mundstücks auf das Spiel zu beurteilen bzw erhören und erfühlen zu können.
Nochmals vielen Dank für diesen Artikel.
Ich glaube, ich brauche einen Probespiel Termin in Ihrem Haus.
Frank Sperk